Leitfaden für die Tourenplanung mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Inhaltsübersicht:
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1 - Mit den Öffis in die Berge
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2 - Praktizierter Klimaschutz
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3 - Tourenplanung
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4 - Tourenstart: Ziel im Tal und Starthütte
- 4.1 - An welcher ÖPNV-Haltestelle im Tal beginnt der Hüttenzustieg?
- 4.2 - Wie lange dauert die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln?
- 4.3 - Wie viel Zeit erfordert der Zustieg zur Hütte von diesem Ort aus?
- 4.4 - Starthütten für die DAV Sektion Altdorf bei Nürnberg (vermutlich sogar ganz Süddeutschland)
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5 - Reisebuchung
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6 - Durchführung einer Tour
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7 - Links
1 - Mit den Öffis in die Berge
Es gibt viele gute Gründe, zu einer Tour in den Bergen mit den „Öffentlichen“ anzureisen. Denn sobald man im Zug Richtung Süden sitzt, hat der Urlaub bereits begonnen: ab jetzt kann man sich entspannen, muss nicht angestrengt und konzentriert das eigene Auto steuern, immer die Verantwortung für die Mitfahrenden vor Augen. Jetzt ist Zeit, die Zeitung zu lesen oder ein Buch, die geplante Route nochmals gemeinsam in der Gruppe auf der Karte anzusehen und zu besprechen oder auch noch ein wenig zu schlafen. Ein zweites Frühstück (für manche vielleicht das erste) macht hier im Zug weit mehr Spaß als im Auto. Und die Toilette kann man aufsuchen, ohne die Fahrt zu unterbrechen.
Auf der Rückreise kann man sich die Fotos zeigen, diese in die Cloud transferieren und natürlich nochmal die Erinnerungen austauschen, ein Bier trinken, entspannt aus dem Fenster sehen und die Bergwelt aus dem Zug heraus bewundern. Der übliche Ärger über andere Autofahrer, den dichten Verkehr, den drohenden Stau - das bleibt einem erspart. Und niemand muss Angst haben, dass der Fahrzeuglenker nach dem Tourentag zu müde zum Fahren ist.
Was uns aber am Allermeisten überzeugt, ist die Möglichkeit, attraktive Streckentouren zu unternehmen: man muss keinen Rundkurs planen, der oft Kompromisse (gleiche Wegabschnitte, kein Perspektivenwechsel) nötig macht. Alle unter AV-Touren - alpenvereinaktiv.com erfassten Touren wurden mit Öffis unternommen. Fast alle sind solche Streckentouren.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich, wenn die Tour wegen Widrigkeiten wie Wetterwechsel oder Verletzung oder konditioneller Überforderung angepasst werden muss: irgendwo kommt man immer runter ins Tal und damit in den Bereich von Bus und Bahn.
Natürlich kann es mit den Öffentlichen Verspätungen geben: das Netz der Deutschen Bahn ist marode, Bahnschwellen müssen geprüft und getauscht, alte Signalanlagen erneuert werden. Aber die Erfahrung gerade mit den Regionalzügen (RE) sowie den Privatbahnen im Alpenraum (z.B. BOB) ist sehr gut. Und erreicht man wirklich mal den Anschlusszug auf einer Verbindung nicht, nimmt man den nächsten. Dafür ist man im Urlaub.
Dieser Leitfaden soll bei der Planung zukünftiger Bergtouren helfen, die Zeit für die Suche nach den richtigen Verbindungen zu reduzieren. An Beispielen wird erläutert, wie man dabei am besten vorgeht, wie man die Ziele in den Alpen findet, die am Anreisetag gut erreicht werden können, die so genannten Starthütten (Kapitel 3 und 4).
Parallel zu diesem Leitfaden wurde (und wird auch noch) eine Karte (beschrieben in Kapitel 4.4) entwickelt, die diese Starthütten zeigt, mit Information zur Anreise (aktuell 601 Starthütten erfasst, die aus dem Nürnberger Raum am Anreisetag erreichbar sind): Alpine Starthütten Karte .
Hat man sich für eine Starthütte entschieden und eine Verbindung für die Anreise ausgewählt, geht es an die Buchung der Hütte und der Reise: für Letzteres hilft das Kapitel 5 mit Tipps und Hinweisen zur Buchung günstiger Tickets sowohl für Einzelpersonen als auch Gruppen und zur Mitnahme von Fahrrädern in Zug und Bus.
Dann steht die Durchführung der Tour mit Anreise an: In Kapitel 6 wird eine Tour beschrieben, wie sie jederzeit passieren könnte, gerade eben auch mit den Unwägbarkeiten, die eine Tour so mit sich bringt.
Wertvolle Links zu Karten, Buchungsportalen und Apps runden den Leitfaden am Ende in Kapitel 7 ab.
Wichtig:
Alle in diesem Leitfaden gezeigten Bildschirmausschnitte dienen ausschließlich der Veranschaulichung der Empfehlungen. Für die Aktualität der hierüber gezeigten Daten (insbesondere Fahrzeiten und Preise) kann natürlich keine Garantie übernommen werden. Im Falle einer Tourenplanung daher immer selbst prüfen – das sollte nach der Lektüre dann auch kein Problem mehr sein. Und nun viel Spaß :)
2 - Praktizierter Klimaschutz
Jede nicht unternommene Tour ist ein Beitrag zum Klimaschutz, das muss uns allen klar sein. Denn Mobilität, auch die mit Öffis, verbraucht Energie. Da Züge und Busse schon wegen der gebotenen Grundversorgung der Bevölkerung mit Mobilität ohnehin fahren, ist hier der ökologische Fußabdruck einer Tour besser, als wenn man das eigene Auto bewegt.
Auto-Fahrgemeinschaften schneiden natürlich auch gut ab, das mit ökologisch erzeugtem Strom getankte E-Auto sowieso. Aber wir sollten nicht vergessen, wie die Zunahme des Verkehrs in den letzten Jahren auch immer wieder den Ausbau der Straßen antrieb und damit die fortschreitende Versiegelung, die ebenfalls Anteil an der Klimakrise hat. An vielen touristischen Hotspots in den Alpen werden zusätzliche Parkplätze gebaut, Infrastruktur (Tanken) erweitert. Das geht an der Landschaft und Natur nicht spurlos vorüber: Lärm-, Abgas- und Staubemissionen steigen und beeinträchtigen Fauna und Flora, aber auch die in den Tälern lebenden Menschen. Der DAV-Hauptverband bittet daher seit einigen Jahren ausdrücklich darum, möglichst mit Öffentlichen anzureisen.
Klar, das Auto kostet, ob es steht oder fährt – ein oft zu vernehmendes Argument. Ja, es stimmt, aber wir müssen Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen zeigen und - wenn möglich – auf das Auto gerade in der Freizeit verzichten und auf Öffis umsteigen: Es ist tatsächlich fast immer möglich, was dieser Leitfaden zeigen soll.
Klar, das Auto ist oftmals billiger, gerade wenn sich Fahrgemeinschaften ergeben. Doch vermutlich wird bei der Argumentation nur der Spritpreis berücksichtigt, nicht die anteiligen Kosten für Versicherung, Steuer, TÜV, Reparatur, Garage usw. Der Leitfaden soll aufzeigen, wie man die Kosten für Fahrten in die Berge senken bzw. geringhalten kann. Klar, die Ausrüstung kann ich einfach in den Kofferraum werfen und dann vor Ort noch entscheiden, was ich wirklich mitnehme. Ja, auch das stimmt, ist aber nur ein vermeintlicher Vorteil. Selbst Wechselschuhe kann man mitnehmen: die leichtesten Treter, die man bekommen kann, tun es im Zug und in der Hütte. Hierfür muss man kein Auto bewegen. Außerdem: Wir sind doch sowieso mit Rucksack unterwegs, auf die zusätzlichen Meter zu Fuß zwischen Bahnsteigen kommt es nicht an.
2.1 - „Mach ́s einfach: nachhaltig handeln
So lautet die ermutigende Devise des DAV, die auch als guter Vorsatz für 2023 durchgehen könnte.
„Mach ́s einfach“: trotz Bedenken einfach mal anders anreisen.
„Nachhaltig handeln“: Im Vorfeld einer Tour steht nicht nur die Entscheidung für ein Berggebiet, für das Ausflugsziel. Weitere wichtige Faktoren für die Planung einer klimaschonenden Freizeitunternehmung sind sowohl die Dauer einer Tour als auch die Art der Übernachtungen. Selbstverständlich gilt es, den Kostenrahmen einzuhalten, Hin- und Rückreise möglichst günstig zu gestalten, trotzdem Zeitdauer und Komfort zu optimieren.
2.2 - Nachhaltige Übernachtungen
So mancher startet noch in der Nacht mit dem Auto Richtung Berge, um schon am frühen Vormittag die Tour beginnen zu können. Das wird, sofern man nicht einen Nachtzug nutzen kann, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich sein. Schon allein die S-Bahn-Anbindung an die nächste Stadt verhindert das durch die nächtliche Betriebspause. Wenn man bedenkt, dass in Altdorf werktags die erste S-Bahn am Morgen kurz vor halb fünf losfährt, am Wochenende eine Stunde später, so wird schnell klar, dass nicht jedes Ziel in den Alpen unter dieser Prämisse gewählt werden kann. Für weiter entfernte Regionen wird man dann vermutlich auf einen Nachtzug (vielleicht mit Schlafwagen?) zurückgreifen oder eben doch eine Anreise am Vortag mit Talübernachtung einplanen müssen, kompensiert durch eine längere Tourdauer.
2.3 - Tourdauer in Relation zur Entfernung
Je kürzer der Weg, umso geringer sind die Belastungen fürs Klima, so kann man es auch beim DAV nachlesen. Je weiter weg von zu Hause, desto länger sollte also eine Tour dauern, damit sie sich klimatisch auch lohnt. Also lieber eine mehrtägige Tour unternehmen als viele Tagestouren. Fährt man nach Südtirol, empfiehlt es sich wenigstens 5 Tage, besser noch eine Woche zu veranschlagen. Eine Anreise nach Oberstdorf rechtfertigt hingegen eine kurze Tour von 2 Tagen Dauer.
2.4 - Günstig erreichbare Ziele
Günstig sind Ziele in der nahen Umgebung des Heimatorts zu erreichen. Hier kann man z.B. mit dem VGN- Tagesticket Plus im Gesamttarifgebiet des Nürnberger Verkehrsanbieters attraktive Wanderziele erreichen. Will man aber in die Alpen, werden die Distanzen schnell größer. Ganz grob stimmt die Aussage „je weiter desto teurer“. Auch die Fahrzeit wird länger, je weiter man fährt, es sei denn, man kann schnelle Fernzüge nutzen, die dann natürlich auch wieder mehr kosten. Aber für alle Regeln gibt es Ausnahmen. Und so gelingt es durchaus, Komfort, Fahrzeit und Preis zu optimieren.
Startet man eine Tour in den deutschen Alpen, kommt man in aller Regel sehr gut mit Regionalzügen zurecht, bezahlt dann in der Gruppe mit einem „Bayern-Ticket“ denkbar wenig für die Fahrt. Das gleiche gilt ebenfalls für sehr viele Ziele in Österreich mit dem Pendant „Einfach-raus-Ticket“. Geht es weiter nach Italien, in die Schweiz, nach Frankreich oder Slowenien, muss man genauer analysieren, verschiedene Angebote vergleichen.
2.5 - Die „letzte Meile“
Es ist wirklich erstaunlich, wohin man mit den Öffentlichen kommt. Es gibt mehr Busverbindungen in den Urlaubsorten als man gemeinhin denkt (und deshalb dem Auto den Vorzug gibt). Von Oberstdorf aus starten nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt Busse in alle Richtungen: So kommt man sogar ins Kleinwalsertal bis nach Österreich aber auch in die südlich gelegenen Abschlusstäler der Allgäuer Alpen. Das gleiche gilt für andere Zentren wie Immenstadt oder Sonthofen. In Österreich ist die ÖPNV-Abdeckung ohnehin sehr viel besser.
3 - Tourenplanung
Sieht man auf die Karte von Michael Vitzthum, die in der Panorama-Ausgabe 4 von 2021 auf der Doppelseite 8/9 abgedruckt war, so gewinnt man schnell den Eindruck, dass jedes Bergsportgebiet mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann. Und dieser Eindruck ist nicht falsch. Dies zeigen auch die oben erwähnten Beispieltouren.
Um eine zusätzliche Talübernachtung möglichst zu vermeiden, geht es also darum, ein Fahrziel auszumachen, von dem aus in den verbleibenden Stunden des Tages noch ein Aufstieg zu einer Hütte zu schaffen ist: Je länger die Anfahrt, desto kürzer also die Zeit für den Aufstieg. Was nun auch schnell klar wird: die Anreise ist unter Umständen kniffliger zu planen als die Rückreise, bedingt durch die beschränkte Zeit zwischen Ankunft im Zielgebiet und dem Zeitpunkt einer sinnvollen Ankunft auf der Hütte (vor der Dunkelheit und wenn die Küche noch warm ist). Klarer wird das mit zwei Beispielen.
3.1 - Beispiel 1: Lenggries
Angenommen, wir wollen nach Lenggries fahren, um von dort aus eine wenigstens 2-tägige Tour entweder in den Kochelerbergen, im Isarwinkel oder östlich davon im Mangfallgebirge zu unternehmen.
1. Mit welchem Zug kommen wir wann nach Lenggries?
Dies erfahren wir auf der Webseite der Deutschen Bahn (www.bahn.de):
Schnelle Verbindungen (inkl. ICE)
Nahverkehrsverbindungen (nur Regionalzüge)
Selbst wenn wir nicht so früh aufstehen und auch nicht mit dem vermutlich teuren ICE fahren wollen, können wir am Mittag in Lenggries sein. Sehr gut, denn die verbleibende Zeit bis 18 Uhr reicht uns allemal, um zu einer der umliegenden Hütten zu gelangen.
2. Welche Hütte bietet sich als „Starthütte“ an?
Im Routenplaner des DAV (https://www.alpenvereinaktiv.com/de/tourenplaner/) wählen wir als Startpunkt „Lenggries“, der Bahnhof Lenggries wird als Marker „A“ angezeigt. Die innerhalb von 4 Stunden zu Fuß zu erreichenden Hütten sind die Lenggrieser Hütte (auf der Karte noch Seekarhütte benannt) im Osten und das Brauneck-Gipfelhaus im Westen.
Entscheiden wir uns für das Brauneck als „Starthütte“, als Hütte für die erste Übernachtung, ergibt sich eine mögliche 3-tägige Streckentour über die Benediktenwand zur Tutzinger Hütte (2. Nacht) und weiter nach Benediktbeuern oder alternativ bis nach Kochel am See. Der Blick auf die Karte verrät, dass beide Orte Bahnhöfe haben.
A - nach Benediktbeuern
B - nach Kochel am See
3. Wie lange dauert diese letzte Etappe von der Tutzinger Hütte aus?
Das verrät uns wiederum der Routenplaner: Auf der Route A sind am Tag 3 noch 11,6 km, auf der Route B noch 15,6 km zu wandern. Wenn wir nicht zu spät aufstehen, ist das bis 14, spätestens bis 16 Uhr zu bewältigen.
4. Welche Zugverbindungen haben wir ab 16 Uhr nach Hause?
Auch das recherchieren wir wieder recht schnell auf der Webseite der Deutschen Bahn und stellen fest, dass wir, egal ob am Wochenende oder unter der Woche, stündlich einen Zug erreichen. Kurz nach 4 eingestiegen werden wir Altdorf bis halb 9 erreichen. Und selbst wenn wir erst um halb 7 am Bahnhof sind, kommen wir noch vor Mitternacht nach Hause. Perfekt!
3.2 - Beispiel 2: Totes Gebirge
Wir bleiben dabei, wollen eine zusätzliche Talübernachtung möglichst vermeiden, suchen also auch bei Touren in den österreichischen Alpen nach Zielbahnhöfen, von denen aus wir noch am Anreisetag in die Höhe gelangen und eine Hütte für die Übernachtung erreichen. Aber geht das überhaupt? Ist die Anreise nicht doch zu lang? Die im folgenden Beispiel gezeigte Tour ist abseits der üblichen Schnellfahrstrecken der Bahn, daher ein guter Prüfstein. Angenommen, wir wollen das Tote Gebirge durchwandern. 4-5 Tage haben wir Zeit.
1. Wo beginnen wir die Tour?
Mit dem Routenplaner findet man Touren wie die über den Welser Weg, von Bad Ischl aus bis nach Hinterstoder, doch hierfür werden 7 Tage veranschlagt – zu lang. Eine gute, weil kürzere Alternative ergibt sich, wenn man von Ebensee aus zum Hochkogel wandert, hier in der Hochkogelhütte die erste Übernachtung einplant. In 4 Tagen kann man es von dort aus nach Hinterstoder schaffen. Oder doch die Tour umgekehrt machen? Hier bietet sich das Prielschutzhaus als Starthütte an, sofern wir Hinterstoder um die Mittagszeit erreichen. Doch beide Bahnhöfe sind weiter weg vom Wanderweg, wie wir im Routenplaner erkennen können:
Noch näher dran ist die Haltestelle „Steinkogel Bahnhaltestelle“: Von hier aus muss man noch bis Dielleiten laufen, um dann die obige Tour zu beginnen. Oder aber man nimmt das Ruftaxi ab Ebensee („Traunsteintaxi“), das – wie bereits erlebt – den Fahrgast pünktlich am Bahnhof abholt (wichtig ist, hier zwei Stunden vorher anzurufen). Also gut, die Starthütte ist damit ausgewählt: die Ebenseer Hochkogelhütte direkt unterhalb des namengebenden Gipfel.
2. Mit welchem Zug kommen wir nach Steinkogel?
Dies erfahren wir auf der Webseite der Österreichischen Bahn (www.oebb.at):
Zwei der Verbindungen für den Vormittag sind zu teuer. Wir können nun entweder um halb 7 fahren oder um halb 8: in beiden Fällen schaffen wir es noch vor dem Abendessen auf die Hochkogelhütte. Empfohlen ist sicher, die frühere Verbindung zu nehmen, um noch einen Puffer zu haben, falls es mit einem Umstieg wegen Verspätung nicht funktioniert. Mit dem Wissen, dass auf der Hütte sowieso um 22 Uhr bereits die Lichter ausgeschaltet werden, fällt das auch nicht schwer.
3. Wie lange dauert die letzte Etappe vom Prielschutzhaus aus ins Tal zur Bushaltestelle in Hinterstoder?
Zunächst müssen wir die Route bis zur Bushaltestelle planen. Wo aber in Hinterstoder hält der Bus? Das verrät uns wiederum die ÖPNV-Karte: „Hinterstoder Schiederweiher“. Mit dem Routenplaner stellen wir fest, dass diese letzte Etappe nicht mal 6 km lang ist, nur abwärts geht. Das schafft man sehr gut bis 11 Uhr.
4. Welche Zugverbindungen haben wir ab 11 Uhr nach Hause?
Auf der Webseite der Österreichischen Bahn, die zum Glück auch unseren Heimatbahnhof kennt, finden wir mögliche Verbindungen ab halb 12:
Dieses Beispiel zeigt, dass es möglich ist, diese Streckentour zu machen, hierfür mit Zug und Bus zu reisen.
Persönliche Erfahrung:
Wegen der Schneelage im Juni riet der Hüttenwart auf der Pühringer Hütte dringend davon ab, den Temlbergsattel (schneebedeckte Karstdolinen!) zu überschreiten. Also spontan einen Alternativweg Richtung Norden ins Almtal gewählt: Aber auch hier fährt regelmäßig ein Bus - bis zum nächsten Bahnhof auf der Strecke nach Linz und weiter nach Hause.
4 - Tourenstart: Ziel im Tal und Starthütte
Mit den Beispielen ist nun klar, was mit „Starthütte“ gemeint ist: jede Hütte, die am Tag der Anreise von einem Bahnhof, einer ÖPNV-Haltestelle aus erreicht werden kann. Interessiert man sich für eine Bergregion, gilt es also die richtige Starthütte zu finden, eine, bei der – wenn möglich – keine Talübernachtung zuvor nötig ist. Um dies zu entscheiden, sind 3 Klärungen nötig, für jede in Frage kommende Starthütte:
- An welcher ÖPNV-Haltestelle im Tal beginnt der Hüttenzustieg?
- Wie lange dauert die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu diesem Ort?
- Wie viel Zeit erfordert der Zustieg zur Hütte von diesem Ort aus?
4.1 - An welcher ÖPNV-Haltestelle im Tal beginnt der Hüttenzustieg?
Zu allen Hütten, die der Alpenverein dankenswerterweise bei alpenvereinaktiv.com auflistet, gibt es Detailinformation über die Hütte, Touren auf naheliegende Gipfel und auch Information zur Anreise, wie in diesen Beispielen gut zu sehen:
Die allermeisten Beschreibungen aber sind sehr kurzgehalten. Man erfährt den Ort im Tal, der von einem Bus
oder Zug angesteuert wird, was schon viel wert ist, aber keine Hinweise auf Bus-Nummern oder Links zu den
Fahrplanseiten der Mobilitätsanbieter, geschweige denn die für den Hüttenzustieg einzuplanende Zeit.
Und dann gibt es auch Beschreibungen, denen man lieber nicht folgen sollte:
Folgt man der Webseite des Pfitscher-Joch-Hauses, wird es teurer und zeitaufwändiger, da die Anreise mit Öffentlichen über Brenner und dann italienisches Gebiet empfohlen wird. Doch das ist nicht nötig: Von Mayrhofen im Zillertal fährt im Sommer der Bus 4102 direkt zum Schlegeis-Stausee. Von dort sind es gerade mal 2 Stunden Weg zur Hütte, auf dem man die Grenze nach Italien auf einem Sattel überquert.
Es gibt also Fälle, in denen man selbst nach der richtigen Haltestelle suchen muss. Die Standardvariante des Routenplaners von alpenvereinaktiv.com ermöglicht die Planung von Touren auf dem kostenlosen Kartenmaterial von Openstreetmap zusammen mit einem Layer, der ÖPNV-Linien und ihre Haltestellen mit Namen anzeigt.
Eine schnelle Möglichkeit, sich einen Überblick über den ÖPNV auf der „letzten Meile“ zu verschaffen, ist auch die auf OpenStreetMap basierende ÖPNV-Karte (https://www.öpnvkarte.de), die den Anspruch verbucht, für die ganze Welt die ÖPNV-Verbindungen aufzuzeigen. Dies ist zwar übertrieben, schon im italienischen Apennin finde ich längst nicht mehr alle Busstrecken, aber für Deutschland und Österreich sowie die italienischen Alpen sind die Öffis gut erfasst. Der Vorteil (auch gegenüber Google Maps) ist, dass hier die Haltestellennamen und die Nummern der Busse, S-Bahnen & Co abgelesen werden können.
Mit dieser Information füttert man dann wieder die Buchungsseiten der Mobilitätsanbieter. Oder man „googlet“ schlichtweg nach der Bus-Nummer zusammen mit dem Ort.
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Aber auch Regionalverkehrsplattformen bieten eine hervorragende Unterstützung, z.B.
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Tirol: https://www.vvt.at/
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Südtirol: https://www.suedtirolmobil.info/de/
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Schweiz: https://www.postauto.ch/de
Geradezu vorbildlich das Beispiel von Bayern-Fahrplan, da bei entsprechendem Zoom in die gewünschte Zielregion sukzessive Haltestellen eingeblendet werden. Ein Haltestellensymbol angeklickt, erhält man nicht nur den Haltestellennamen, sondern auf Wunsch auch Verbindungen (optional sogar ohne Fernzüge) hier her.
4.2 - Wie lange dauert die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln?
Für die Beantwortung dieser Frage helfen:
- Buchungsportale der Bahn in den einzelnen Ländern,
- regionale Tourismus-Internetseiten,
- Google Maps,
- Rome2Rio,
- Trainline,
- und vermutlich noch etliche andere Webseiten.
Wir empfehlen die Bahnbuchungsportale, da sie am zuverlässigsten arbeiten. Und sie sind flexibel: man hat die Wahl zwischen Regional- und Fernzugverbindungen, kann damit entweder mehr auf Komfort oder mehr auf geringe Kosten setzen.
Deutschland
Deutschland Wenn man sich auf mögliche „Starthütten“ beschränkt, die von deutschen ÖPNV-Haltestellen aus erwandert werden, findet man über den DAV-Routenplaner 65 bewirtschaftete Hütten, die diese Bedingung erfüllen und damit auch die zugehörigen ÖPNV-Haltestellen im Tal. Siehe Kap. 4.4 - „Starthütten für die AV-Sektion Altdorf bei Nürnberg“.
Gut zu merken:
Alle Ziele in den deutschen Alpen können von Altdorf aus bis 14 Uhr erreicht werden und das mit Nahverkehrszügen. Alle Verbindungen inklusive Bussen lassen sich höchst einfach auf bahn.de finden und buchen, sofern man die Haltestellennamen kennt. Diese wiederum findet man wie erwähnt über die ÖPNV- Karte oder Bayern-Fahrplan.
Österreich
Die meisten Zug-Bus-Verbindungen werden über https://www.oebb.at angezeigt, sofern man eine Haltestelle mit Namen kennt. So zum Beispiel die nach Obergurgl. Manchmal wird man nicht fündig, oft auch nur, weil die Fahrpläne für den nächsten Sommer noch nicht veröffentlicht sind, oder weil eine Verbindung nur werktags angeboten wird. Dann ist es sinnvoll, über Web-Suche nach der Busnummer und Haltstelle zu suchen. So finden sich dann ausführliche ÖPNV-Fahrpläne und weitere goldwerte Hinweise auf Seiten wie https://www.oetztaler.at/linienverkehr/ oder https://www.kaunertal.com/de/. Da werden u.a. auch Shuttle Services wie der Ötztaler „Green Line Shuttle“ angeboten.
In aller Regel aber findet man über oebb.at die gesuchten Verbindungen.
Verbindungen ohne Fernverkehrszüge
Will man aber – vielleicht aus Kostengründen – Verbindungen ohne Fernverkehrszüge, ist die ÖBB-Plattform nicht gut: sie kann keine durchgängigen Regionalzugverbindungen von Deutschland zu österreichischen Zielen ermitteln.
Die DB-Plattform kann dies, allerdings ohne Busverbindungen auf österreichischem Gebiet, die die ÖBB wiederum sehr gut unterstützt. Nach neuester Erkenntnis aber ist Scotty hier die beste und auch sehr ansprechende Lösung.
Hier „Weitere Optionen“ anklicken und dann „Nah-/Regionalverkehr“. Leider führt eine konkrete Preisauskunft dann immer noch auf die ÖBB-Plattform. Aber dazu später in Kap. 5.2.
Auf einen Blick sieht man nicht nur die Regionalverbindungen, sondern auch den Fahrweg auf einer Karte.
Italien, Frankreich, Schweiz, …
Sofern man nicht ein Ziel gleich hinter dem Brenner im Auge hat, ist es sinnvoll, auf Fernzugverbindungen zu setzen. Um die Anreisezeiten und -dauer zu ermitteln, kann man jedes der regionalen Buchungsportale verwenden:
das der Deutschen Bahn, der ÖBB, der italienischen Bahn (https://www.trenitalia.it) sowie der anderen Alpenanrainer.
Doch Vorsicht: eine Plattform zeigt u.U. alle Haltestellen im eigenen Land, aber z.B. nicht unbedeutende Ziele in anderen Ländern.
Alternativ kann man auch unabhängige, internationale Plattformen nutzen wie trainline.com oder rome2rio.com. Doch bieten sie nicht alle Haltestellen an und auch nicht alle Vergünstigungen, auch nicht die Suche mit Filter („Nur Nahverkehr“).
Wenn es um die Preise geht, die Buchung möglichst günstiger Konditionen, siehe Kapitel 5 "Reisebuchung“.
4.3 - Wie viel Zeit erfordert der Zustieg zur Hütte von diesem Ort aus?
Hier hilft der kostenlose Routenplaner von alpenvereinaktiv.com. Einfach den im ersten Schritt ermittelten Talort eingeben, dann die Hütte. Übrigens: Wird der Talort nicht in der Liste angezeigt, so kann man den Ort natürlich auf der Karte direkt suchen und per Klick als Startort definieren.
Da standardmäßig „Wanderung“ eingestellt ist, bekommt man automatisch die einfachste und kürzeste Aufstiegsroute angezeigt. Am unteren Rand der Karte kann man die veranschlagte Dauer ablesen, die aufgrund der Distanz und der Aufstiegsmeter errechnet wird.
Diese Zeit ist als minimale Dauer zu sehen: je nach Kondition und Alter sollte man hier aufgrund der bisherigen Erfahrung prozentual noch einen Zeitzuschlag hinzugeben. 20 % rechne ich immer dazu, um Pausen abzudecken.
4.4 - Starthütten für die DAV Sektion Altdorf bei Nürnberg
(vermutlich sogar ganz Süddeutschland)
Leider fehlen bei alpenvereinaktiv.com wichtige Informationen zur Anreise oder sie sind einfach nicht genau genug. Um das auszugleichen, um den Altdorfern einen schnellen Einstieg in die nachhaltige Tourenplanung zu ermöglichen, entstand diese Karte unter Openstreetmap:
Sie zeigt für die deutschen wie österreichischen Alpen alle Starthütten. Weitere Alpenregionen folgen auf Wunsch und wenn sinnvoll.
Filteroptionen und Farbcodierung
Detailinformation für jede Hütte per Klick
Damit kein Missverständnis entsteht: Die Zeiten repräsentieren nur eine kleine Auswahl an Verbindungen, im oben dargestellten Beispiel nur die mit Nahverkehrszügen (dadurch u.U. günstiger, siehe Kap. 5 “Reisebuchung“). Die Garantie aber: Wählt man eine dieser Verbindungen, so gelangt man noch am Anreisetag bis 18 Uhr auf eine Hütte.
Wegen des Zeitkriteriums fehlt zum Beispiel die Hochstubaihütte, die man um eine Stunde verfehlt. Aber sie kann dann in den weiteren Tourenverlauf eingeplant werden.
Erkenntnis nach Erstellen der Karte
Die ÖPNV-Karte (https://www.öpnvkarte.de) ist eine riesige Hilfe: oft nur mit ihr findet man die zu den Hütten nächstgelegenen ÖPNV-Haltestellen. Mittlerweile ist aber auch alpenvereinaktiv.com mit einem solchen zusätzlichen Layer ausgestattet, der hier eine gute Hilfe darstellt, wenngleich nicht alle Haltestellennamen immer ganz richtig sind und auch die Liniennummern fehlen.
5 - Reisebuchung
Die Tour steht fest, der Reiseweg ebenso und die Hütten sind reserviert? Dann geht es an die Buchung der Reisemittel. Generell gilt die Entscheidung, ob mit Fernverkehrszügen oder ohne. Beide Optionen haben ihre Vorteile: bequemer und schneller ist die Verbindung mit ICE & Co, meistens günstiger (v.a. bei Gruppen) und flexibler aber ist die Reise mit Nah- und Regionalverkehrszügen. Für Reisen mit Fahrrädern entstehen weitere Kosten und es gelten ein paar wichtige Regeln. Ab einer gewissen Distanz jedoch ist es nicht mehr sinnvoll, noch über eine Regionalverkehrverbindung nachzudenken.
Die Detailerklärungen zu folgenden Bereichen findet ihr im Download dieses Leitfaden:
- 5.1 Reisen in Deutschland
- 5.2 Reisen in und nach Österreich
- 5.3 Reisen in und nach Südtirol (Italien)
- 5.4 Reisen in andere italienische Alpenregionen
- 5.5 Reisen nach Liechtenstein
- 5.6 Reisen in die Schweiz
- 5.7 Gruppenreisen
- 5.8 Reisen mit Fahrrad
- 5.9 Nachtzugverbindungen
Hinweis:
Die Reisebuchung Detailerklärungen beinhalten ausführliche Informationen über Ticketoptionen bzw. Buchungsempfehlungen sowie Tipps und Tricks anhand von ausführlichen Beispielen.
Durch den enormen Umfang haben wir davon abgesehen es hier direkt zu veröffentlichen, sondern den Interessierten den Download nahezulegen.
6 - Durchführung einer Tour
Wenn dann der Tag X ansteht, kann der Urlaub dank der Planung ganz entspannt beginnen. Trotzdem stellen sich konkret Fragen: Wohin mit nicht benötigtem Gepäck? Wie funktioniert die Abholung per Ruftaxi? Oder aber: was ist zu tun, wenn etwas passiert, was dieser Planung zuwiderläuft? Zuerst aber wieder ein Beispiel einer Tour, wie sie tatsächlich verlaufen könnte.
6.1 Vorn und hinten kürzbar: Beispiel einer variablen Streckentour
Von Steinach am Brenner aus lassen sich die Stubaier von Ost nach West durchqueren, begonnen mit der Innsbrucker Hütte. Das Beispiel dieser Tour zeigt, wie flexibel man als Bahnfahrer ist:
Eine fiktive Tour
Nehmen wir an, wir haben ungefähr eine Woche Zeit. Die oben gezeigte Tour wäre in diesem Zeitraum sehr gut machbar: die Etappenplanung zeigt, dass die Nürnberger Hütte (D) gut als Mittagsstation angesteuert werden kann, aber nicht zur Übernachtung benötigt wird, bleiben also 8 Übernachtungen. Starten wollen wir an einem Samstagmorgen, zurückkommen am Sonntag darauf. Passt.
Starthütte
Auch der Blick auf die Karte der Starthütten zeigt, dass mit der Innsbrucker Hütte eine gute Wahl getroffen wurde: Um kurz vor halb 7 mit der S-Bahn in Altdorf gestartet, kommen wir nach ein paar Umstiegen in Steinach am Brenner an, steigen in den Bus 4146 um, der vor dem Bahnhof wartet. Um 14.07 Uhr dann sind wir an der Zielhaltestelle „Gschnitz Gh Feuerstein“. Zeit genug, um nun zur Innsbrucker Hütte aufzusteigen, wofür wir sicher nicht mehr als 3 Stunden, maximal 4 Stunden benötigen.
Tag 1
Wir haben uns für die Innsbrucker Hütte als Starthütte entschieden und die Tour geplant und die Hütten reserviert. Am Samstagmorgen geht es also los: sechs Personen, mit Bayern-Ticket und Einfach-Raus-Ticket, das wir unterwegs über die ÖBB-App lösen. Wir erreichen auf der Strecke alle Züge, da die Umstiegszeiten gut ausreichen. Doch als wir aussteigen, ist der Himmel finster, sind Unwetter gemeldet, die vom Nachmittag bis weit in die Nacht hinein andauern werden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Gästezimmer im Tal zu nehmen, eine Entscheidung, die wir auch als Autofahrer in dieser Situation nicht anders treffen könnten. Da die Hütten auf unserer Tour reserviert sind, müssen wir die Innsbrucker Hütte schweren Herzens abschreiben und damit auch die spannende und panoramareiche Tour zur Bremer Hütte – ist halt so. Die Hütte ist schnell informiert und sieht ein, dass wir nicht aufsteigen können.
Tag 2
Noch in der Nacht hat sich das Wetter beruhigt und der Sonntagmorgen begrüßt uns mit bestem Bergwetter. Nun werden wir direkt zur Bremer Hütte aufbrechen, müssen hierzu noch nicht mal mit dem Bus weiterfahren, sind ja schon am Talende, wo auch der Weg zur Hütte beginnt, an der wir am frühen Nachmittag eintreffen. Nach einer Pause steigen wir ohne Gepäck noch auf die Innere Wetterspitze, einen Dreitausender.
Tag 3
In 3 Stunden längstens sind wir an der Nürnberger Hütte, können hier zu Mittag essen, unseren Proviant also sparen. Doch ein Anruf für ein Ehepaar in unserer Gruppe durchkreuzt seinen Urlaub: die Mutter/Schwiegermutter ist gestorben, die Tour muss sofort abgebrochen werden. Und wieder hilft die Karte mit den Starthütten: Das Paar steigt ins Tal ab, direkt zur Bushaltestelle „Neustift im Stubaital Abzw Nürnberger Hütte“, wo regelmäßig der Bus 590a Richtung Innsbruck verkehrt. Beide werden kostengünstig mit einem Einfach-Raus-Ticket, das sie an der Haltestelle über die ÖBB-App lösen, zurückreisen, noch im Zug über die Grenze kaufen sie dann mit der DB-App das Bayern-Ticket für den deutschen Streckenanteil. Zu viert wandern wir weiter zur Sulzenauhütte, in der wir übernachten.
Aus eigener Erfahrung:
Es empfiehlt sich, neben der App des Alpenvereins die wichtigsten Apps auf dem Smartphone installiert zu haben (siehe Kap. 7.6 „Apps, die man auf dem Smartphone installiert haben sollte“). Unterwegs – im Zug zur Grenze, auf dem Abstieg ins Tal - lassen sich so kurzfristig günstige Bahn-Tickets wie Bayern-Ticket oder Einfach-Raus-Ticket kaufen. Mit diesen Apps können schnell Verbindungsalternativen gecheckt werden. Gut auch, wenn man für alle Notfälle die App der regionalen Taxiunternehmen zur Hand hat.
Tag 4
Über den Kleinen Trögler und den Großen Trögler steigen wir am Vormittag, klettern dann durch Geröll hinab bis auf den Stubaier Gletscher oder was noch von ihm übrig ist, bleiben auf der Dresdner Hütte.
Tag 5
Die 4. und bisher anstrengendste Etappe führt uns zur Regensburger Hütte. Ein Kamerad fühlt sich am Abend nicht wohl: gut zu wissen, dass er am nächsten Tag alternativ auch ins Stubaital absteigen könnte.
Tag 6
Alle sind fit und wandern weiter bis zur Franz-Senn-Hütte.
Tag 7
Die Wettervorhersage, die wir uns vom Hüttenwirt bestätigen lassen, verheißt nichts Gutes: wir müssen schon früh starten und alles versuchen, vor der sich von Nordwesten nähernden Regenwand an der nächsten Hütte zu sein. Unterwegs dann erfahren wir, dass das Wetter an den nächsten Tagen leider noch schlechter gemeldet ist. Ein früher Wintereinbruch steht zu befürchten, weshalb wir kurz vor Mittag im Melachtal schweren Herzens beschließen, nicht zum Westfalenhaus weiterzuwandern, sondern nach Praxmar abzusteigen. Aus der ÖPNV-Karte, die auch der Karte mit den Starthütten zugrunde liegt, sehen wir, dass hier an der Wendestelle südlich des Orts der Bus 4166 Richtung Inntal fährt, wo wir in den Zug steigen werden. 13.04 Uhr ist die Abfahrtszeit laut oebb.at, auch bei vvt.at – knapp, aber zu schaffen. Und wir schaffen es.
Beide verbleibenden Hütten informieren wir natürlich darüber.
Ach ja: über die Apps der ÖBB und Bahn finden wir schnell heraus, dass wir sogar mit Nah- und Regionalverkehrszügen fahren können und trotzdem noch vor Mitternacht bis nach Altdorf kommen. Also lösen wir in Praxmar über die ÖBB-App das Einfach-Raus-Ticket für 4 Personen, im Zug dann mit der DB-App das Bayern-Ticket für den deutschen Streckenanteil.
6.2 Sammlung von Touren, die mit Öffis durchgeführt wurden
Unter AV- Touren finden sich Touren, die mit Öffis gemacht wurden, zur Nachahmung empfohlen. Die Beschreibungen zeigen die Etappen mit Hütten sowie wertvolle Hinweise zur Anreise und Rückreise mit Öffentlichen. Diese Sammlung wird ständig aktualisiert.
Die in Kapitel 6.1 beschrieben Tour findet ihr hier: Stubaier Grenzberge
6.3 Auf An- und Rückreise flexibel: Beispiel einer Gruppen-Radtour
Ein Erfahrungsbericht von Hildegard Möse:
Der Plan, bei unserer Tour 2022 auf dem Radweg ‚Berlin – Kopenhagen‘ unterwegs zu sein, ist schon lange vorher entstanden. Für den ganzen Weg ist nicht genug Zeit, daher entscheiden wir uns für Waren an der Müritz als Startpunkt. An- und Rückreise soll mit der Bahn erfolgen, auch ein Stück Rücktransfer in Dänemark.
Mit 6 Personen erfüllen wir die Bedingungen für eine Gruppenreise bei der Bahn. Etwa 6 Monate vorher ordere ich die Gruppentickets, welches echte Schnäppchen sind (Anreise nach Waren = 9,90 €, Rückreise ab Rostock = 25,90 € pro Person + Fahrradkarte = damals 8 €). Sowohl für Hin- als auch Rückfahrt haben wir zwischen Nürnberg und Berlin Plätze im ICE.
Dass es im Juni 2022 dann das 9-€-Ticket geben würde, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand.
Als unserer Starttermin näherkommt, ist das 9-€-Ticket da und bereitet mir Kopfzerbrechen. Würde es bei der Anreise klappen, mit den Rädern in Berlin einen Platz im RE 5 zu bekommen? Dieser Zubringer zur Ostsee war nämlich bald berühmt-berüchtigt wegen seiner starken Auslastung. So entsteht Plan B: Wir beschließen, einen Tag früher aufzubrechen und mit dem 9-€-Ticket nach Elsterwerda zu fahren, weil dort jener RE 5 seine Fahrt nach Berlin startet, also noch leer ist. Das erscheint uns sicherer als auf diesen Zug erst in Berlin zuzusteigen, wenn die Abteile, insbesondere die Radstellflächen vielleicht schon besetzt sind.
Wer von uns noch kein 9-€-Ticket hat, besorgt sich eines, dazu noch eine Fahrradkarte für den Regionalverkehr á 6 €. Ich suche eine Strecke heraus, die über Hof und Chemnitz nach Elsterwerda führt.
Hinweis:
Um in Erfahrung zu bringen, mit welchen ICEs eine Fahrradbeförderung möglich ist, ist zunächst eine Abfrage auf der Bahn-App für 5 Personen mit Fahrradstellplätzen sinnvoll. Dabei werden nur Züge angezeigt, welche in der Regel 8 Fahrradplätze haben (es gibt auch ICEs mit 3 und 4 Fahrradplätzen). Die Bestellung des Gruppentickets erfolgt dann telefonisch.
1. Tag: Anreise, Teil 1
Am Morgen checke ich vorsorglich nochmal die Zugverbindung und muss feststellen, dass der Zug von Nürnberg nach Hof nur als SEV (Schienenersatzverkehr) fährt – schlecht für den Fahrradtransport. Aber es gibt eine Alternative: Nürnberg – Lichtenfels, Lichtenfels – Hof und planmäßig weiter über Chemnitz. Alle Züge starten am jeweiligen Bahnhof, auch die Umstiegszeiten sind moderat, so dass wir samt Rädern problemlos ein- und umsteigen können und am Nachmittag stressfrei in Elsterwerda ankommen.
2. Tag: Anreise, Teil 2
Wir steigen als erste um 8:40 Uhr in den RE 5, es gibt reichlich Platz für uns und die Räder. Auch wenn wir unsere reservierten Plätze im ICE zwischen Nürnberg und Berlin in den Wind schreiben müssen, ist die Entscheidung richtig. In Berlin kommt es zu einer Teilräumung des Zuges wegen Überfüllung. Wir und die Räder haben aber unsere Plätze und sind davon nicht betroffen. Stressfrei erreichen wir kurz nach Mittag Waren.
3. – 10. Tag:
Die nächsten Tage erleben wir eine wunderschöne Radtour über Krakow und Güstrow nach Rostock und dann über die Inseln Falster, Bogø, Møn, Seeland nach Kopenhagen.
11. Tag: Heimreise, Teil 1
Von Kopenhagen fahren wir mit dem IC für 25,10 € p. P. zurück auf die Insel Falster nach Nykøbing, nach knapp 30 Rad-km nehmen wir die Fähre von Gedser nach Rostock, wo wir nochmal übernachten.
12. Tag: Heimreise, Teil 2
Mit unserem Gruppenticket könnten wir um 10:21 Uhr mit dem IC von Rostock nach Berlin und dort mit dem ICE weiter nach Nürnberg fahren. Da wir in diesem Fall nur 7 Minuten Umstiegszeit hätten, greift wieder Plan B: Wir nehmen um 8:34 Uhr den RE von Rostock nach Berlin (das 9-€-Ticket haben wir ja alle schon und die Fahrradkarte gilt in allen Zügen). Unseren 70-minütigen Aufenthalt in Berlin nutzen wir für ein Picknick am Spreebogen. Das Aufzugfahren im Berliner Hbf. erfordert allerdings Geduld (und Zeit). Die Letzten von uns schaffen es gerade noch, in den ICE Berlin – Nürnberg einzusteigen.
Aber alles gut gegangen: wir sitzen bequem und die Räder sind gut verstaut. Doch in Erfurt steht der Zug dann und fährt erst mal nicht mehr weiter. Schuld ist ein Oberleitungsschaden, erfahren wir. Irgendwann geht es weiter und mit 3 Stunden Verspätung kommen wir in Nürnberg an. Wir benötigen für die restliche Heimfahrt nur noch die S-Bahn, somit ist das kein Problem. Da es für Verspätungen eine Entschädigung gibt, beantrage ich diese bei DB Dialog GmbH, Servicecenter Fahrgastrechte. Die Bearbeitung dauert zwar, aber nach 7 Wochen werden mir 50 % des Reisepreises zurückerstattet (das ist der Satz bei Verspätungen von mehr als 120 Minuten).
Fazit:
Trotz früher Planung, die bei Bahn-Gruppenreisen unverzichtbar ist, braucht es manchmal noch viel Flexibilität. Dank des 9-€-Tickets fiel es uns nicht schwer, unsere Pläne zu ändern. Wie das wohl in Zukunft wird?
6.4 Fahrgastrechte
Hildegards Erfahrungsbericht in Kap. zeigt, dass man schon auch flexibel sein muss, wie Autofahrer, die in einen Stau fahren oder zur Umleitung gezwungen werden. Auf der Rückreise erlebte ihre Gruppe eine deutliche Verspätung. Dies wurde durch die Bahn auf Hildegards Antrag hin finanziell kompensiert, auf Basis der Fahrgastrechte im Öffentlichen Verkehr.
2020 wurde auf EU-Ebene beschlossen, diese Rechte europaweit einheitlich zu regeln. Diese treten 2023 in Kraft.
Ein Nachteil: eine Entschädigung gibt es zukünftig nicht mehr, wenn höhere Gewalt für eine Verspätung oder einen Ausfall verantwortlich ist, die Gründe also nicht beim Bahnunternehmen liegen (z.B. bei Unwetter, Hochwasser oder Pandemie).
Fahrgastrechte: Das Recht auf Information
Interessant ist, dass diese Rechte explizit auch einen Anspruch auf Information in Echtzeit beinhalten. Der Fahrgast muss über Verspätungen, Sicherheitprobleme und Anschlusszüge informiert werden – und das sofort.
Erstattung
- Ab 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof werden 25% des Fahrpreises für die einfache Fahrt erstattet.
- Ab 120 Minuten sind es dann 50%.
- Wird auf einer Strecke ein Länder-Ticket (z.B. Bayern-Ticket) oder ein Quer-durchs-Land-Ticket oder ein Schönes-Wochenende-Ticket genutzt, werden 25% des Ticketpreises erstattet.
- Ist vor Fahrtantritt schon klar, dass man bei einer prognostizierten Verspätung von mehr als 60 Minuten nicht mehr fahren, auch keinen alternativen Zug nutzen kann, ist man berechtigt, von der Reise zurückzutreten. In diesem Fall werden 100% erstattet.
Gut zu wissen:
Sobald eine Verspätung beginnt …
... die Zeiten protokollieren, dies mit Zugnummern. Das erleichtert nach der Rückkehr, das Formular auszufüllen.
Alternative Zugnutzung, Aufhebung der Zugbindung
Wenn rechtzeitig erkannt wird, dass der Zug bis zum Zielort mehr als 20 Minuten Verspätung haben wird, darf man auch einen anderen Zug nutzen. Selbst wenn die Fahrkarte nur für RE (normales Ticket, kein Länder-Ticket!) gilt, ist der Umstieg auf einen ICE möglich. Hat man vor Zustieg keine Möglichkeit, sich das bei der Info im Hauptbahnhof bestätigen zu lassen, muss man im Alternativzug u.U. ein Ticket bezahlen, bekommt das aber hinterher über das Fahrgastrechteformular wieder zurückerstattet.
Alternative Verkehrsmittel und Hotelübernachtung
Die Bahn kommt in bestimmten Fällen auch für ein Taxi auf, wenn man in der Nacht nicht mehr weiterkommt. Auch Übernachtungen werden ggfs. bezahlt.
Links zu offiziellen Regeln und Informationen
6.5 Services der Bahn
Leihräder
Die Bahnunternehmen in Europa stellen an größeren Bahnhöfen Leihfahrräder zur Verfügung. Sogar Streckentouren („one way“) sind damit möglich: die Räder können an einem anderen Bahnhof zurückgegeben werden. Information hierzu gibt es auf den Webseiten der entsprechenden Anbieter (siehe 7.4 Bahnbuchungsportale).
Gepäcktransport
Gepäck (z.B. mit Kletterausrüstung für eine ganze Gruppe) kann vorausgeschickt werden, hierfür muss man Zeit einplanen. Auskünfte erteilt die Deutsche Bahn.
Schließfächer
Vielleicht ist es erforderlich, in einem Bahnhof Ausrüstung zurückzulassen, weil man nach der Tour dorthin zurückkehrt, um dann mit dieser Ausrüstung die nächste Unternehmung anzuschließen. Dafür gibt es an einigen Bahnhöfen Schließfächer oder (so in Bozen erlebt) Gepäckverwahrungsstellen. Hier beispielhaft die leider sehr kurze Liste der österreichischen Bahnhöfe:
Achtung:
Versicherungschutz sowie Sicherheit ist bei diesen "Zahlenschlössern" bzw. "Elektro-Pinschlössern" als fraglich einzustufen! Bei Diebstahl werdet ihr hauptsächlich auf die Kulanz eueres Versicheres angewiesen. sein. Wien scheint bei spezialiserten Dieben sehr beliebt zu sein, vom auspähen des gewählten PINs bis zum Aufbohren bei lohnender Beute also Vorsichtig.
7 - Links und Ansprechpartner
7.2 Hüttensuche
7.3 Karten / Routenplaner / Wetter
7.4 Bahnbuchungsportale
- Deutsche Bahn
- Österreichische Bahn
- besser aber: Scotty (siehe Kap. 4.2)
- Italienische Bahn
- Schweizer Bahn
- Französische Bahn
- Trainline
- Rome2Rio